Zuerst die Binsenweisheit. Alles hat seine Zeit. Nirgendwo gilt das mehr als bei Dingen des täglichen Gebrauchs. Sie altern, sie verschleißen, sie gehen kaputt. Wir vergessen sie. Begegnen wir ihnen erneut, sind wir überrascht. Stimmt, so etwas hatte ich auch mal. Hin und wieder, eher selten, sehnen wir uns nach ihnen zurück. Dann war es vielleicht ein BMW der Modellreihe E36. Denn der verlässt gerade unseren Alltag und reift in stillen Garagen zum Liebhaberstück. Höchste Zeit also, sich an ihn zu erinnern.

Der Nachnachfolger.

Er hatte es schwer. Sein Vorgänger war nämlich ungeheuer erfolgreich gewesen. Und wurde von 1982 bis 1991 gebaut, als Cabrio bis 93, der touring sogar bis 94. Man hatte ihn also liebgewonnen, sehr, sehr lieb. Heute erlebt der E30 übrigens gerade einen Boom. Wir erinnern uns also wieder. Die Preise wachsen mit der Anzahl der Seufzer. Und es wird oft geseufzt.

Wie löst man solch einen Gewinner ab? Auf keinen Fall, indem man ihn nur imitiert. Am besten macht man gleich alles anders. Der Designer hieß Pinky Lai, wurde in Hongkong geboren, arbeitete unter anderem bei Ford in Köln und nach BMW noch bei Porsche. Der E36 wurde größer, vier Türen Standard. Die Scheinwerfer verschwanden hinter Glas. Ein eigenständiges Coupé erweiterte die Palette. Der touring öffnete seine Heckklappe über die gesamte Breite. Das Cabrio baute natürlich auf dem schicken Coupé auf und umschmeichelte seine Insassen durch mehr aerodynamischen Komfort und einen ausfahrbaren Überschlagschutz. Der E36 schaffte es sogar, eine schräge Heckklappe zu bekommen. Die erinnerte an den 2002 Touring, hieß aber compact. Seine Schöpfer bewiesen Mut. Und Weitblick. Ungewöhnlich auch die Cabrio-Limousine von Baur in Stuttgart, die auf der viertürigen Limousine basierte. So viel Dreier war noch nie.

Mehr Leistung. Mehr Ausstattung.

Keine Kompromisse natürlich bei Fahrwerk und Leistung. Der Dreier musste agil und sicher zu bewegen sein, seine Motoren drehfreudig und seine Schaltung knackig. Ein BMW eben. Gerade mit den sämigen Sechszylindern bot er das gewohnte und erwartete Maß an Souveränität und Vergnügen, nach dem Kenner so verlangen. Aber auch die Vierzylinder drehten fröhlich, und Diesel war längst ein großes Thema. Der Dreier bot die Freude seiner Vorfahren in vielen modernen Interpretationen. Mit mindestens 100 und maximal 321 PS. Nur als Allrad gab es ihn nicht, das nahm erst sein Nachfolger wieder auf.

M und M.

Es gab zweierlei M3, eine Premiere. Zuerst das schicke Coupé, was ja nahelag. Doch später noch die Limousine, gediegen und optisch sehr zurückhaltend. Ein BMW für Connaisseurs, die Leistungsfähigkeit genießen, diese aber nicht unbedingt schon von Weitem signalisieren wollen. Auf Wunsch mit SMG-Getriebe, also sequenziell, einer neuen Form des Schaltens, mit deutlich geringeren Leistungsverlusten als bei herkömmlichen Wandlergetrieben, sehr vom Rennsport inspiriert.

Bleibende Werte.

Eine Dreier-Limousine der Baureihe E36 ist 2016 mindestens 18 Jahre alt. Kinder streben in diesem Alter aus dem Haus. Autos haben da oft beeindruckende Laufleistungen auf dem Zähler. Fünf Mal um die Welt ist praktisch normal, zehnmal gar nicht selten. Die Baureihe gilt als sehr robust, doch ein wenig Pflege sollte schon sein. Cabrios werden meist besser umsorgt und weniger gefahren als ihre geschlossenen Verwandten. M Versionen waren eh nie schnöde Gebrauchsstücke. Wenngleich sie Alltag konnten.

Wann, wenn nicht jetzt?

Noch ist das Angebot groß, aber es lichtet sich spürbar. Gut ausgestattete Sechszylinder mit belegter Wartungshistorie stehen sich die Reifen nicht lange platt. Es scheint so ein bisschen wie beim E30 zu werden, die Erinnerungen setzen ein, die Seufzer nehmen zu, eine Modellreihe darf wiederentdeckt werden. Als Nachfolger hat der E36 seine Sache gut gemacht. Als Vorfahr wird er sie ebenso meistern.

Was bleibt noch zu sagen? Ach ja. Seufz!