Hubert Hahne gelingt 1966 zum ersten Mal eine Runde auf dem Nürburgring unter der magischen Schwelle von zehn Minuten. Und das in einem Tourenwagen, der sich optisch kaum von all den Serienmodellen unterscheidet, die brave Bürger jeden Tag für die Fahrt in die Arbeit oder zur Freizeit nutzen. Besser lässt sich der technische Fortschritt im Automobilbau kaum darstellen. Sportliche Limousinen wie der BMW 1800 TI und BMW 2000 TI werden Symbole für Aufbruch, Tempo und ein ganz neues Lebensgefühl.

Nürburgring, 6. August 1966. Hunderttausende Zuschauer sind gekommen, um die weltbesten Fahrer der Formel 1 um den Großen Preis von Deutschland kämpfen zu sehen, mit Abstand das wichtigste Motorsportereignis des Jahres. In diesem Umfeld starten aber noch andere Klassen in eigenen Rennen, darunter die sehr beliebten Tourenwagen. Die sehen nämlich im Grunde nicht viel anders aus als jene Familienkutschen, mit denen auch die begeisterten Fans angereist sind. Kleinwagen und ausgewachsene Limousinen mit vier Türen sind darunter. Manche von ihnen wie die Alfa Romeo Giulia Super oder der Lotus Cortina genießen bereits einen legendären Ruf. Doch seit 1964 darf sich auch der BMW 1800 TI dazuzählen. Hubert Hahne konnte mit ihm sagenhafte 14 von 16 Rennen gewinnen und holte sich die Deutsche Rundstrecken-Meisterschaft.

Kampf der Familienlimousinen.

Doch jetzt, zwei Jahre später, hat auch die Konkurrenz wieder dazugelernt. Einen Monat vorher, im Juli 66, war Hahne schon einmal hier am Nürburgring gewesen. Das berühmte und äußerst harte 6-Stunden-Rennen stand an. Die Fahrer reihten sich dazu gegenüber ihren Wagen auf, zum Startsignal sprinteten sie über die Piste, sprangen hinter das Lenkrad, starteten den Motor und rasten los.

Diese Le-Mans-Starts waren immer ein spektakuläres Chaos, bei dem sich die Fahrzeuge nicht selten berührten, bevor sie in Staub, Rauch und Gummiwolken gehüllt die erste Kurve nahmen, um sich danach für die Länge einer Kaffeepause im Kurvengeschlängel der „grünen Hölle“ zu verlieren. Bis auf zehn Sekunden war man der „Schallmauer“ von zehn Minuten bereits nahegerückt, doch geknackt hatte sie noch keiner. Werksfahrer Hubert Hahne fiel sogar mit Bruch des hinteren Radträgers aus.

Wer durchbricht als Erster die Zehn-Minuten-Mauer?

Nun also das Vorprogramm zum Großen Preis 1966. Hubert Hahne steuert diesmal einen BMW 2000 TI, der sich optisch vom Serienmodell nur durch die fehlenden Stoßfänger unterscheidet. Weder Kotflügelverbreiterungen noch Spoiler gibt es, doch die Motoren werden nach allen Regeln der Tuningkunst optimiert, leisten bis zu 185 PS (Serie: 120 PS).

Durch seinen unverschuldeten Ausfall einen Monat zuvor besonders motiviert, geht Hahne diesmal an die Grenzen und ein wenig darüber hinaus. Sein Fahrstil ist spektakulär, der BMW driftet um Kurven, springt über Kuppen, rasiert Büsche und Hecken, die damals noch wie selbstverständlich zum Nürburgring gehörten. Dann taucht er auf der langen Start- und Zielgeraden auf, der Motor brüllt am Limit, die Uhr zeigt 9:58,5 Minuten, neuer Rekord!

Die Zuschauer sind komplett aus dem Häuschen, viele interessieren sich für die Formel 1 nur noch am Rande. Am nächsten Tag berichtet die Presse fast nur darüber, es wird zu einem jener seltenen magischen Momente im Rennsport. Und zum persönlichen Triumph des „schönen Hubert“.

Rennfahrer aus Leidenschaft.

Hubert Hahne stammt aus Moers und startet seine Karriere 1960 im Alter von 25. Er fängt im wahrsten Sinne des Wortes klein an, zuerst mit einem NSU Prinz, danach wechselt er auf den sehr beliebten BMW 700. Er arbeitet sich nach oben und gilt rasch als einer der „weltbesten Tourenwagenpiloten der 60er-Jahre“. Es gelingt ihm sogar der Einstieg in den Formelsport, doch kämpft er hier mit vielen technischen Problemen. 1970 gibt er den Rennsport nach genau zehn Jahren wieder auf und wird zum erfolgreichen Geschäftsmann.